Risikomanagement

Risikomanagement ist ein zentraler Bestandteil jedes erfolgreichen Unternehmens. Es handelt sich um einen systematischen Prozess, der darauf abzielt, potenzielle Risiken zu identifizieren, zu bewerten und zu steuern, um den Fortbestand und das Wachstum eines Unternehmens zu sichern. In diesem Beitrag werden wir die verschiedenen Aspekte des Risikomanagements detailliert beleuchten, einschließlich der Definition, der unterschiedlichen Risikotypen, der Prozesse zur Risikobewältigung und der neuesten Entwicklungen in diesem Bereich.

Risiken bewusst eingehen? Definitiv. Dies tut jeder. Bei jedem Kauf. Denke an eine neue Marke einer Süßigkeit – du weißt nicht wie sie schmeckt, kannst diese nicht umtauschen und bist damit ein Geschmacksrisiko eingegangen. Risikomanagement hat auch eine große Bedeutung in anderen wirtschaftlichen Bereichen. So ist Risikomanagement die Kernaufgabe einer jeden Bank. Doch wie kann mit Risiken gut umgegangen werden? Versicherungen wäre hier eine gute Antwort – aber es gibt natürlich auch andere berechtigen Antworten. Beispielhaft wäre hier der bewusste Eingang von bestimmten Risiken – auch mit hoher Auswirkung – etwa keine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen.

Aus obigen Absatz geht eines hervor: Jeder sollte ein Bewusstsein für Risiken schaffen. Welche Risiken haben welche Auswirkungen und welche Eintrittswahrscheinlichkeiten? Gegen welche Risiken sollte sich abgesichert werden? Dies ist Aufgabe des Risikomanagements – und damit bist auch du ein Risikomanager.

Die Definition von Risikomanagement

Risikomanagement bezeichnet ein zukunftsorientiertes Handeln – meist im Bereich von Unternehmen. Dabei soll vor allem der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden. Weiters soll der Unternehmenswert gesteigert werden, wobei dies nicht durch Risikovermeidung, sondern durch eine risikoadjustierte Renditebetrachtung geschieht. Dies bedeutet, dass verkraftbare Risiken zur möglichen Steigerung des Unternehmenswertes eingegangen werden sollen (ähnlich wie Lotto spielen in Maßen – allerdings mit höherer Gewinnwahrscheinlichkeit).

Betrachten wir das obig begonnene Beispiel eingehend: Natürlich ist der Kauf von Schokolade in einem Supermarkt an das Risiko gebunden, dass andere Märkte günstiger sein könnten. Allerdings ist durch das Angebot eine Steigerung des verbleibenden Geldes möglich. Auch der Fortbestand ist durch den Kauf gesichert. Die Schokolade kann also durchaus gekauft werden.

Das Risikomanagement berücksichtigt zudem nicht nur einzelne Risiken, sondern ebenso das Gesamtrisiko eines Unternehmens. Dabei werden auch Korrelationen miteinbezogen, welche sich ergeben können. Meist wird Risikomanagement als Prozess dargestellt, welcher die Risikoidentifikation, die Risikobewertung, die Risikoüberwachung und die Risikodokumentation beinhaltet. Durch diesen Prozess können Risiken priorisiert sowie der Eigenkapitalbedarf oder etwaige die Liquiditätsreserven ermittelt und berechnet werden.

Risikomanagement als Prozess

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Risikomanagementprozess

Risikomanagement ist eine Disziplin sowie ein dynamischer Prozess um zukünftige negative Auswirkungen einerseits zu identifizieren und andererseits zu quantifizieren. Der Prozess des Risikomanagements besteht aus vier sich wiederholenden Abschnitten:

  1. Identifikation und Erfassung von Risiken
  2. Quantifizierung un Evaluation von Risiken
  3. Steuerung von Risiken
  4. Kontrolle

Risiko identifizieren

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Risikoidentifikation

In Verbindung mit Risikomanagement stellt sich selbstverständlich die Frage, wie mit identifiziertem Risiko umgegangen werden soll. Hier gibt es Kategorien, in welchen die Entscheidungen grob eingeteilt werden können. Einerseits die Risikovermeidung. Diese versucht das Risiko vollständig abzuwehren, sodass allerdings auch keine Chancen entstehen. Die zweite Kategorie ist die Risikominderung. Dies geschieht im Falle von Banken durch zusätzliche Sicherheiten oder Bürgschaften (Sach- und Personensicherheiten). Auch die Akzeptanz des Risikos und das bewusste eingehen dessen ist eine mögliche Strategie. Hier sei allerdings gesagt, dass nur vollständig identifizierte und quantifizierte Risiken (Auswirkungen bekannt) eingegangen werden sollten. Weiters gibt es noch den Risikotransfer (etwa in Form einer Versicherung) sowie die Risikoabsorption.

Arten von Risiken

Finanzrisiken

Finanzrisiken umfassen verschiedene Kategorien, die sich auf die finanzielle Stabilität und die Ertragskraft eines Unternehmens auswirken können:

  • Marktrisiko: Risiken, die durch Veränderungen der Marktpreise von Finanzinstrumenten entstehen.
  • Kreditrisiko: Die Gefahr, dass ein Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann.
  • Liquiditätsrisiko: Die Gefahr, dass ein Unternehmen seinen kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen kann.
  • Währungsrisiko: Risiken, die durch Wechselkursschwankungen bei internationalen Transaktionen entstehen.

Betriebsrisiken

Diese Risiken betreffen die internen Abläufe eines Unternehmens und können durch menschliche Fehler, Systemausfälle oder unzureichende Prozesse verursacht werden:

  • Prozessrisiken: Risiken, die durch ineffiziente oder fehlerhafte Geschäftsprozesse entstehen.
  • Technologierisiken: Risiken im Zusammenhang mit technologischen Ausfällen oder Cyberangriffen.
  • Menschliche Risiken: Risiken, die durch menschliches Versagen oder Fehlverhalten entstehen.

Reputationsrisiken

Reputationsrisiken betreffen den guten Ruf eines Unternehmens und können erhebliche negative Auswirkungen auf das Geschäft haben:

  • Kundenvertrauen: Verlust des Vertrauens der Kunden aufgrund negativer Berichterstattung oder schlechter Servicequalität.
  • Marktposition: Verlust der Marktposition durch Skandale oder ethisches Fehlverhalten.

Compliance-Risiken

Diese Risiken entstehen durch Nichteinhaltung von Gesetzen, Vorschriften oder internen Richtlinien:

  • Rechtsrisiken: Risiken, die durch rechtliche Auseinandersetzungen oder regulatorische Strafen entstehen.
  • Regulatorische Risiken: Risiken, die durch Änderungen in der Gesetzgebung oder regulatorischen Anforderungen verursacht werden.

Die Steuerung von Risiken

Risiken können Chancen als auch Gefahren darstellen. Aufgrund der Möglichkeit der Chancen soll Risiko nie gänzlich ausgeschlossen werden. Risiko sollte aufgrund deshalb immer durch ein Risikomanagement gesteuert werden. Dabei stehen aktive als auch passive Risikosteuerungsmaßnahmen zur Auswahl. Bei den aktiven Steuerungsmaßnahmen wird die Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder Schadenshöhe beeinflusst, während dies bei passiven Risikosteuerungsmaßnamen nicht erfolgt. Zu den aktiven Risikosteuerungsmaßnahmen gehören die Risikovermeidung (nicht Durchführung), die Risikoverminderung(durch (zusätzliche) Sicherheiten) und die Risikodiversifikation (nicht korrelierender Risiken aufgespaltet). Bei den passiven Steuerungsmaßnahmen gibt es den Risikotransfer (Versicherungen), die Risikovorsorge(Berücksichtigung in der Bilanz (Rücklagen)) sowie schlussendlich die Risikofinanzierung (Verluste durch Eigenkapital finanziert).

Mit Risiken bewusst richtig umgehen

Wenn Risiken identifiziert und quantifiziert sind (gemessen) können diese angemessen gemanagt und gesteuert werden. Dadurch kann eine nachhaltige Gewinnerzielung mit vielen Chancen durch das bewusste eingehen von angemessenen und verkraftbaren Risiken gewährleistet werden. Durch das Risikomanagement ist zudem indirekt eine Unternehmenssteuerung gegeben. Beispielsweise werden zu riskanten Investitionen und damit auch Projekte nicht getätigt, wodurch das Unternehmen – deren Produkte sowie Innovationen usw. – gesteuert werden. Hier allerdings kommt es auf die Stärke und der Einflussgewichte zwischen Geschäftsführung, Kapitalgeber (etwa Aktionäre) und dem Risikomanagement an.

Weshalb Risikomanagement?

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Risikomanagement – Chance VS Risiko

Risiko kann nicht in einem Satz definiert werden – dazu ist Risiko einfach zu umfangreich. Risiken sind im allgemeinen Sprachgebrauch negativ behaftet, können jedoch auch Chancen bieten. Denke an einen Lotto Schein. Du gehst hier bewusst das verkraftbare Risiko ein, die Einsatzgebühr zu verspielen. Allerdings hast du durch das eingehen des Risikos auch eine Chance auf einen Gewinn. Meist ist jede Chance mit einem Risiko behaftet, welches bereits vorab eingesetzt wird. Dieser risikoreiche Einsatz kann Zeit, Geld (monetär), etc. sein.

Wie bereits oben erwähnt ist es wichtig, Risiko zu identifizieren und zu quantifizieren um diese bewusst eingehen zu können. Bei einem Lottoschein ist der maximale Verlust als auch der Gewinn bekannt. Auch die Wahrscheinlichkeiten sind bereits der verschiedenen Zustände im Aktionsraum (Ergebnismatrix) sind bereits bekannt. Dadurch spricht man hier auch von einer Entscheidung unter Risiko – nicht jedoch von einer Entscheidung unter Unsicherheit.

Methoden und Werkzeuge des Risikomanagements

Es gibt eine Vielzahl von Methoden und Werkzeugen, die im Risikomanagement verwendet werden können:

Value at Risk (VaR)

VaR ist eine statistische Methode zur Messung des potenziellen Verlusts eines Portfolios innerhalb eines bestimmten Zeitraums und eines bestimmten Konfidenzniveaus. Es wird häufig zur Bewertung von Marktrisiken verwendet.

Expected Shortfall (ES)

Expected Shortfall, auch als Conditional Value at Risk (CVaR) bekannt, misst den durchschnittlichen Verlust, der den VaR überschreitet. Diese Methode wird verwendet, um die extremen Verluste in stressigen Marktsituationen zu bewerten.

Stress-Tests

Stress-Tests sind Simulationen extremer Marktbedingungen, die verwendet werden, um die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens zu bewerten. Diese Tests helfen, Schwachstellen im Risikomanagementsystem zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zu entwickeln.

Szenarioanalyse

Die Szenarioanalyse beinhaltet die Bewertung potenzieller Auswirkungen verschiedener hypothetischer Szenarien auf das Unternehmen. Diese Methode hilft, die Widerstandsfähigkeit des Unternehmens gegenüber unvorhergesehenen Ereignissen zu bewerten.

Regulatorische Anforderungen

Das Risikomanagement unterliegt einer Vielzahl von regulatorischen Anforderungen, die je nach Branche und Region variieren können:

Basel III

Basel III ist ein internationales Regelwerk, das von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) entwickelt wurde, um die Bankenregulierung zu stärken. Es umfasst strengere Kapital- und Liquiditätsanforderungen sowie neue Risikomanagementstandards.

Solvency II

Solvency II ist eine europäische Richtlinie, die den Versicherungssektor reguliert. Sie legt Anforderungen an das Risikomanagement, die Governance und die Transparenz von Versicherungsunternehmen fest.

Sarbanes-Oxley Act (SOX)

Der Sarbanes-Oxley Act ist ein US-amerikanisches Gesetz, das strenge Anforderungen an die Finanzberichterstattung und das Risikomanagement von Unternehmen stellt, um die Transparenz und Integrität der Finanzmärkte zu erhöhen.

Zukünftige Entwicklungen im Risikomanagement

Die fortschreitende Digitalisierung und die zunehmende Komplexität der globalen Märkte stellen das Risikomanagement vor neue Herausforderungen und bieten gleichzeitig neue Möglichkeiten:

Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning

KI und Machine Learning werden zunehmend im Risikomanagement eingesetzt, um komplexe Datenmuster zu analysieren und präzise Vorhersagen über potenzielle Risiken zu treffen. Diese Technologien können dazu beitragen, die Effizienz und Genauigkeit des Risikomanagements zu verbessern.

Erweiterte Stress-Tests und Szenarioanalysen

Mit der zunehmenden Komplexität der globalen Märkte und den sich schnell ändernden wirtschaftlichen Bedingungen werden erweiterte Stress-Tests und Szenarioanalysen immer wichtiger. Diese Methoden helfen Unternehmen, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Ereignissen zu bewerten und ihre Risikomanagementstrategien entsprechend anzupassen.

Integration von ESG-Kriterien

Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) werden zunehmend in das Risikomanagement integriert. Unternehmen, die ESG-Faktoren in ihre Risikobewertungen einbeziehen, können langfristige Stabilität und nachhaltiges Wachstum fördern.

Fallstudien und Praxisbeispiele

Finanzkrise 2008

Die Finanzkrise von 2008 war ein Weckruf für viele Unternehmen und zeigte die Bedeutung eines robusten Risikomanagements. Viele Banken und Finanzinstitute erlitten massive Verluste aufgrund unzureichender Risikomanagementpraktiken, was zu strengeren regulatorischen Anforderungen und einer verstärkten Fokussierung auf Risikominderung führte.

COVID-19-Pandemie

Die COVID-19-Pandemie stellte Unternehmen weltweit vor beispiellose Herausforderungen. Die plötzlichen Marktverwerfungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten erforderten schnelle Anpassungen und innovative Ansätze im Risikomanagement, um die Kontinuität des Geschäftsbetriebs zu gewährleisten.

5 thoughts on “Risikomanagement”

  1. Risikomanagement ist also nicht nur etwas für Banken, sondern auch im normalen Leben relevant. Mir war gar nicht bewusst, wie oft wir täglich Risiken eingehen, ohne es zu merken. Danke für die Aufklärung!

  2. Risikomanagement als Prozess klingt nach einem klugen Ansatz, um mit Risiken umzugehen. Ich werde versuchen, bewusster zu entscheiden, welche Risiken ich in Zukunft eingehe. Sehr interessanter Artikel!

  3. Es ist faszinierend, wie Risiken nicht nur negativ sein können, sondern auch Chancen bieten. Ich denke, ich werde in Zukunft mehr über Risikomanagement lesen, um besser verstehen zu können, wie ich damit umgehen sollte.

  4. Risikomanagement klingt wichtig, aber auch kompliziert. Es ist interessant zu erfahren, wie Unternehmen damit umgehen. Ich denke, dass ich auch im Alltag bewusster mit Risiken umgehen sollte.

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